heute schon gepurzelt

Achtung: der 27. Mai 2019 ist „Welttag des Purzelbaums“!


Das ganze ist sicher keine grundschlechte Idee, mit der der evangelische Theologe Jörg Wilkesmann-Brandtner seit 2009 zu guter Laune in Bewegung motivieren möchte und ich erspare mir und Euch auch ausnahmsweise alle denkbaren, zynischen Randnotizen in dieser Konstellation.


Ein Purzelbaum besteht grundsätzlich aus einer Rolle nach vorne und dem Aufrichten daraus, woher auch der Name stammt: etymologisch aus dem Purzel (sich rollen) und dem folgenden Baum (sich aufbäumen). Es ist kaum verwunderlich, dass es zum Purzelbaum viele bemerkenswerte sprachliche Varianten im regionalen Idiom zu finden gibt: den Kobolz oder den Kalabums, einen Kopsterbölter wie den Kusselkopf, den Pusselkopp oder auch den Kisselköpper.


In anderen Sprachen klingt das so: die Briten kennen den „somersault“, die Franzosen die „galipette“, Die Italieninger nennen es „capriola“ (klingt nach einer cremigen Eisspezialität) und die Spanier „voltereta“ (ich muss da so schwere, rote, autochthone Weine denken … Hauptsache, es dreht sich). Die Turner nennen den Purzelbaum erwartet nüchtern wie banal im „Kraft-durch-Freude-Style“ schlicht und zackig „Rolle vorwärts“. Triumph des Willens: schade, Chance vertan.


Und eine Weltmeisterschaft gibt es natürlich auch, die Kalabums-WM in Bremen. Dabei rollen die Teilnehmer einen Deich hinab. Um die Wette. Der Weltrekordhalter Roman Lubetzki hat die 30 Meter lange Strecke in 4,93 Sekunden zurückgelegt. Ich kann mir das gerade nicht wirklich vorstellen.


Die größte Distanz mit Purzelbäumen legte eine zwölfköpfige Turngruppe aus Neuseeland zurück. Laut Guinness Buch der Rekorde schaffte sie innerhalb einer Stunde zehn Kilometer. Alle paar Meter wechselten sich die Mitglieder ab.


Der Weltrekordhalter im Vorwärtsrollen ist übrigens der US-Amerikaner (wie könnte es anders sein) Ashrita Furman, der in nur einer Stunde sage und schreibe 1.330 Purzelbäume unter Aufsicht absolvierte und dabei eine Strecke von 3,4 Kilometern zurücklegte.


Ashrita Furman hat über 600 Guinness-Weltrekorde aufgestellt, von denen über 200 noch immer gültig sind, wie zum Beispiel im Zehn-Kilometer-Sackhüpfen. Das macht ihn zum Menschen mit den meisten Weltrekorden überhaupt. Da er seine Rekorde fast alle in nicht zusammenhängenden Kategorien aufgestellt hat, nennt man ihn auch „Captain Versatility“. Naja, stimmt fast, eigentlich „Mr. Versality“, aber mir hat der spontane Einfall so gut gefallen, dass ich ihn Euch nicht vorenthalten wollte. Und ganz „relotius-unlike“, gebe ich das ja auch zu.


So, wie bekommen wir jetzt die Kurve?

Am besten mit dem Gedicht von Christian Morgenstern:


„der Purzelbaum“


Ein Purzelbaum trat vor mich hin

und sagte: "Du nur siehst mich

und weißt, was für ein Baum ich bin:

Ich schieße nicht, man schießt mich.


Und trag' ich Frucht? Ich glaube kaum;

auch bin ich nicht verwurzelt.

Ich bin nur noch ein Purzeltraum,

sobald ich hingepurzelt."


"Jenun", so sprach ich, "bester Schatz,

du bist doch klug und siehst uns; -

nun, auch für uns besteht der Satz:

wir schießen nicht, es schießt uns.


Auch Wurzeln treibt man nicht so bald,

und Früchte nun erst recht nicht.

Geh heim in deinen Purzelwald,

und lästre dein Geschlecht nicht."

… und einem Purzelbaum. Selbstgemacht natürlich.

Tut Euch nicht weh dabei. Habt eine schöne Woche.

B.

© motiv: Jörg Hennig via fotocommunity

PS: wie heißt "Purzelbaum" in Eurer, nichtdeutschen" Sprache?

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Bruno SchulzComment