DSC00499.jpg

„Ich habe einen Traum“

Vier Vokabeln Ansage. Für die dann folgende Verwortlichung von Fantasie und Vision. Eine nicht immer belastbare Absichtserklärung an sich selbst. Ein viel zu oft gebrochenes Versprechen, Treibstoff für Hoffnung, den eigenen Durchhaltemotor, aber manchmal eben auch ein erster Schritt in die Realität. Denn erst nach der Verwortlichung kommt die Verwirklichung. Durch eine Verdichtung der Gedanken. Und das ist ein Anfang. Immerhin.

„Ich habe einen Traum“ ist so eine typische Rubrik in bilderreichen Magazinen für die milden, weitgereisten Philanthropen mit ausladender Privatbibliothek zur Präsentation von mehr oder weniger prominenten, aber immer haltungsschwangeren Bedeutsamkeitlern. Geschenkter Raum, scheinbar freies Volumen. Oft befüllt mit luftigem Wortschaum. Die Antworten bleiben Momentaufnahmen. Mal besser und mal schlechter, mal schlauer und mal schlichter, mal näher und mal ferner. Greller, leiser, schneller, ruhiger, fester, sanfter. Und ich? Früher war öfter. Besser? Nein öfter.

Früher saßen wir zusammen, tranken Kaffee und Wein und wir träumten davon, die Welt zu verändern. Heute spüren wir, wie die Welt uns verändert hat. Alles tut ein bisschen weh. Manchmal und manchmal öfter. Träumen wir weniger? Ich meine nein. Aber möglicherweise glauben wir einfach nicht mehr daran, die Dinge bewegen zu können. Nicht mal im Antritt.

Ist das Müdigkeit, Angst oder sind es schlicht das Alter und die Summe unserer Erfahrungen? Sind wir zu faul, etwas zu wagen, zu bequem, endlich mal wieder frische Luft zu ziehen? Oder sind das Gleichgültigkeit oder Resignation, die den einstigen Ideenreichtum gnadenlos verarmen lassen? Uns zu schwarzen Löchern machen, die die allgegenwärtige, sedierende Unterhaltung ansaugen wie die alten Vergasermotoren ihr Spritluftgemisch, um es in unserem angesteuerten Hohlraum wirkungsvoll zur Explosion zu bringen. In ständiger Wiederholung: nach dem Höhepunkt ist vor dem Höhepunkt und die Belohnung wird heute in Likes ausgezahlt. „War ich gut, Schatz?“ „Aber ja doch, Daumen hoch.“

Traum ist nicht Konsum und Konsum ist kein Traum. Was ist das für eine Respektlosigkeit im Umgang mit uns selbst? Wir sollten weiter echte Träume wagen. Sie leben. Es müssen ja nicht gleich die ganz großen Dinger sein. Aber Routine gewinnen und mit den eigenen Ansprüchen wachsen. Und vielleicht dann?

Ich träume von Unabhängigkeit. Von Bewegung. Weniger und Meer. Und von Bildern. Machen und haben und darüber schreiben. Mehr für mich als für andere. Immer wieder.

Und wovon träumt Ihr?