„Brot und Spielfilm“

Theresa Hanning ist Kolumnenautorin bei der TAZ und schreibt ansonsten Science-Fiction oder übernatürliche Thriller. KI à la „ChatGPT“ kann das inzwischen auch. Auf die Frage, ob sie das künftig überflüssig mache, schwankt sie und findet schließlich doch ein Nein.

Ich bin mir da nicht so sicher, was das Verfassen stereotyper Formate betrifft. Schließlich bauen nahezu alle erfolgreichen Geschichten, seitdem der Mensch sich diese an den ersten Höhlenfeuern zum gebratenen Mammut erzählte, auf denselben Mustern auf. Kreuz durch alle Kulturen und quer durch alle Religionen.

Der ausgewiesene Experte Joseph Campbell identifizierte bereits in den Vierzigern die Schablone dazu in seinem „Heros in tausend Gestalten“ als Minomythos mit siebzehn Stationen. Später besuchte der Fachmann den jungen Regisseur George Lucas als Berater auf dessen Ranch. Der Rest ist Geschichte.

Dem amerikanischen Drehbuchautoren Christopher Vogler war das noch zu anstrengend. Er verkürzte auf zwölf und nannte sein Baby: „Heldenreise“. Heute gibt es Schemata die mitunter mit 4 Positionen auskommen, flankiert von ihrer Adressierung, wie beispielsweise die „Storywurzel“.

Mit solchen Schnittmustern gefüttert und den zahllosen Vorbildern, ist es also nur noch eine Frage der Zeit, bis die Maschinen übernehmen. Der gemeine Konsument wird auch noch dankbar sein, weil er dann kaum noch mit unliebsamen Überraschungen konfrontiert sein wird. Die Myriaden stupider Superheldensequels führen es ja eigentlich heute schon vor.

Ähnlich verhält es sich übeigens mit den geschlechterübegreifend inflationären, grauschattigen Bumsfibeln für die Schlichtmichel*Innen, eine nicht unerhebliche Macht am Buchmarkt.

Es ist schließlich die Routine die glückselig sediert. Ob „Herr der Ringe“, „Star Wars“ oder „Harry Potter“ … alles immer und immer wieder ein und derselbe Brei. Man kann die Folien annähernd passgenau aufeinander legen.

Will man für den wirtschaftlichen Durchmarsch sorgen, fehlt nur das Auslassen jeden genialen Funkens. Das aber muss man einer Maschine nicht beibringen, die letztlich nichts anderes macht, als Varianten zu produzieren auf der Grundlage ihrer Futterqualität. Ein Thermomix für Stories - das kennen sie, das lieben sie.

Ich habe mich immer gefragt, warum mir die benannten, salbungsvollen Heldenepen so unglaublich auf den Zeiger gehen und ich einfach keinen fiebernden Zugang dazu finde. Neben meinen extrem verkürzten Aufmerksamkeitsspannen ist es Vermutlich ihre tatsächliche Ideenlosigkeit hinter all den berauschenden, dekorativen Elementen.

https://taz.de/ChatGPT-als-Sci-Fi-Autor/!5913873/

202302Bruno SchulzComment