"das Nun"

„Life is a dream for the wise, a game for the fool,
a comedy for the rich and a tragedy for the poor.“
Sholem Aleichem  

Die Zukunft schwindet schneller als die Vergangenheit wächst. Und das gefühlte Phänomen beschleunigt noch von Tag zu Tag, Woche zu Woche, Monat zu Monat und Jahr zu Jahr. Die Schnittstelle zwischen gestern und morgen ist das „Nun“. Und das schneidet wie das heisse Messer in die Butter. Das „Nun“ ist der leuchtendrote, pulsierende Punkt, der auf der Zeitachse entlangjagt. Immer rasanter, unaufhaltsam, immerweiter, wenn man nicht hin und wieder die Richtung wechselt, das Ruder herumreißt. Die Kurskorrektur wird immer schwieriger, schmerzhafter und unwahrscheinlicher, desto mehr man an Fahrt schon aufgenommen hat.

In Bewegung. Ohne Pause. Gewaltig. Unabänderlich. Und leider wissentlich endlich. Die herzpochende Kraft der Träume weicht einer stillen Melancholie. Victor Hugo hat gesagt „Melancholie ist das Vergnügen, traurig zu sein.“ Ist es das? Oder ist dieses scheinbare Vergnügen ein lauer Trost dafür, dass man Dinge hat geschehen lassen? Dass man nicht aufgepasst hat. Auf das „Nun“. Auf sich selbst und den Augenblick der Entscheidung?

Leben ist jetzt. Nicht gestern und nicht morgen. Das „Nun“ ist heute und genau in diesem Moment. Die kleinen Striche auf der Skala der Zeitachse sind die richtigen Augenblicke für Fragen, die man sich stellen kann, darf, soll und auch muss. Zeit für Veränderung? Vielleicht. Sicher aber mehr Zeit für Glück.  

Buddha erfasste das wie folgt: „Laufe nicht der Vergangenheit nach. Verliere dich nicht in der Zukunft. Die Vergangenheit ist nicht mehr. Die Zukunft ist noch nicht gekommen. Das Leben, wie es hier und jetzt ist, eingehend betrachtend weilt der Übende in Festigkeit und Freiheit. Es gilt, uns heute zu bemühen. Morgen ist es schon zu spät. Der Tod kommt unerwartet. Wie können wir mit ihm handeln?“ Das ist jetzt mehr als zweitausendfünfhundert Jahre alt und hat an Gültigkeit noch immer nichts eingebüßt.

© Jan.2015/2019

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Bruno SchulzComment