ein Menschenleben

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Czesława Kwoka wurde vor fast genau zweiundneunzig Jahren am 15. August 1928 im Schulzenamt Wólka Złojecka in der Landgemeinde Nielisz, im Powiat Zamojskider Woiwodschaft Lublin geboren. Ihr Vater Paweł Kwoka starb, als Czesława noch ein kleines Mädchen war. Von da an lebte sie alleine mit ihrer Mutter Katarzyna Kwoka.

Am späten 27. November 1942 begannen die Ordnungspolizei, die SS und örtliche Garnisonen von Luftwaffe und Wehrmacht mit der Aktion Zamość die Umsiedlung der einheimischen Bevölkerung.

Czesława und ihre Mutter wurden zusammen mit der übrigen Dorfbevölkerung in das Umsiedlungslager Zamość abtransportiert. Die Umwandererzentralstelle deklarierte sie zu politischen Gefangenen, um in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert und dort am 13. Dezember 1942 erfasst zu werden.

Czesława erhielt die Nummer 26947.

Wilhelm Brasse, der in Auschwitz gezwungen wurde, als KZ-Fotograf zu arbeiten, beschäftigten viele seiner Bilder, aber der Anblick dieses Mädchens verfolgte ihn ein Leben lang.

Das junge Mädchen verstand kein Deutsch und konnte nicht reagieren, als ein weiblicher Kapo ihre Nummer aufrief. Die schlug sie dafür mit einem Stock mitten ins Gesicht. Daher die auf dem Lichtbild gut erkennbaren Hämatome.

Brasse erinnert sich in einer Dokumentation aus dem Jahr 2005: „Sie war so jung und verängstigt. Das Mädchen hat nicht verstanden, warum es dort war, und konnte nicht verstehen, was zu ihm gesagt wurde“.

Katarzyna Kwoka starb mit unbekannter Todesursache am 18. Februar 1943, am 12. März ihre Tochter Czesława. Als Todesursache vermerkte der Eintrag eine Kachexie bei Darmkatarrh. In den KZ mussten in den Sterbeurkunden natürliche Todesursachen angegeben werden. Die tatsächliche Ursache ist tatsächlich ungeklärt.

Czeslawa Kwoka war übrigens eines von mehr als 230.000 Kindern und Jugendlichen, die im Rahmen sogenannter Säuberungsaktionen zwischen 1940 und 1945 nach Auschwitz deportiert wurden. Nur 650 der 230.000 Kinder erlebten die Befreiung von Auschwitz 1945.

75 Jahre nach dem Tod von Czeslawa kolorierte die 23 Jahre alte brasilianische Künstlerin Marina Amaral im Rahmen eines größeren Projekts die Schwarz-Weiß-Fotos von Wilhelm Brasse, was die schrecklichen Schicksale noch einmal aufs Eindringlichste vergegenwärtigt.

Wer noch immer nicht versteht, dem kann nicht mehr geholfen werden.

Nachtrag:

Ja, es geht um das, was war.
Aber es geht vor allem darum,
was nie wieder sein darf.

Bruno SchulzComment