Haltungsfrost.

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Der Haltungsfrost ist der Bruder des Hirnfrostes. Letzteren kennt jeder, der schon einmal, nahe der Besinnungslosigkeit vor lauter Speiseeisgeilheit seinen damit überfüllten Becher allzu gierig aufgefressen hat wie Lassie einst ihr Frolic, oder eine sehr kalte, große Kristallvase Gin Tonic einfach mal reinkippte in einer überhitzten Sommernacht: "15 Euro? Scheißegal!"

Es beginnt über der Nasenwurzel und breitet sich oberhalb der Augenbrauen aus bis zur vollkommenen Verunmöglichung jedes halbwegs klaren Gedankens. Ähnlich verhält es sich übrigens beim Haltungsfrost, wenn ein fremder Gedanke auf Ideenversteinerung und Reflexionsstarre trifft, auf eine in Beton gegossene Agenda.

Solche Gesichter sehe ich regelmäßig nach meinem kurzen persönlichen Statement zur gemeinen Großwetterlage. Oder ich glaube immerhin sie zu sehen, wenn ich manche Kommentare zu meinen Beiträgen in den Sozialen Medien lese. Vielleicht liegt es daran, dass ich Esel mit allen vier Beinen (oh nein Jörg, mehr gerade nicht!) in verschiedenen, ständig wechselnden Blasen stehe und regelmäßig deren hermetische Abgeschiedenheit mit antizyklischen Thesen in Frage stelle. Es ist der Blick, bevor man zur Ordnung gerufen wird, die der "gesunde Menschenverstand" geböte, der Glaube, die Wokeness, diese eine, einzige korrekte Haltung oder was auch immer. Begleitet durch den "Leuchtturm der Gerechten", den Zeigefinger! Aufhören? Niemals! Auf keinen Fall möchte ich auf diese aufgesetzte Moralspastik verzichten, die einen zurückholt in die Gesten der Schwarzweiss-Kommödien, "als die Bilder laufen lernten".

Guten Morgen.

Bruno SchulzComment