Charles Bukowski zum Hundertundeinsten,

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ich habe seine Werke immer sehr gemocht und auch, was andere sorgfältig kuratierend daraus gemacht haben, wie beispielsweise die wunderbare, bebilderte Ausgabe der Ochsentour, manche fabelhafte Gedichtsammlung oder die Briefe an Onkel Heinrich in Andernach, die mir außerordentlich gut gefallen. Bukowski hatte mit Carl Weissner einen genialen Übersetzer, der nicht nur die Worte feinspürig ins Deutsche zu übertragen vermochte und mitunter Verlage, die wirklich schöne Bücher aus dem Stoff zu machen verstanden. Auch fand ich den Film meines Schulkameraden Alexander Wasner aus der Andernacher Perspektive sehr beachtlich und das gleich aus mehreren Gründen.

Mit den Lesern hatte er nicht immer Glück. Den hier geteilten Spiegelartikel zum Hundertsten aus dem vergangenen Jahr hatte ich erst vor wenigen Tagen bei einem Bekannten hier auf Facebook entdeckt, der auch ein Jahr nach dem großen Jubiläum noch einmal gratulieren mochte.

Das finde ich weniger erstaunlich und dem schließe ich mich von Herzen gerne an. Erstaunlicher indes fand ich die Kommentare im Thread zu seinem Beitrag. Da gab es eine Menge für und wider und vielen schmeckte man nach, dass sie den Namen "Bukowski" bewerteten, ohne auch nur den Hauch eines Zweifels daran zu lassen, ob sie wohl vielleicht doch jemals eine seiner Zeilen gelesen haben könnten. Der abgesonderte, diffuse Quark war bemerkenswert ernüchternd und belegte so transparent wie ein geöffnetes Fenster, wie kritisch vorgegebene Expertise in den sozialen Medien bewertet werden muss.

Das alles sprach und spricht für eine erstaunlich starke Personenmarke, bevor es diese moderne Selbstvermarktungsschublade überhaupt gab. Zumindest in ihrer Deklaration. Der Müller-Thurgau wird sein Quäntchen dazu beigetragen haben und die Sensationsgier, speziell das auszuleuchten ohne allzu große Rücksicht auf das Oeuvre des Meisters. Was zählt ist Lautstärke, nicht der Feinsinn.

Viele Möchtegernkaputte, verhinderte Literaten, öffenlichkeitswirksam konvertierte Exsprittler suchen sogar den peinlich duzenden Schulterschluss mit "zärtlicher Bespitznamung" zum großen Poeten, idiotisch kumpelnd als "Hasen Harvey", den sie exklusiv wie sich selbst zum "Mann mit der Ledertasche" verklären möchten und der sich gegen diese infantilen Fraternisierungsfantastereien natürlich nicht mehr wehren kann. Vermutlich würden sie ihm ohnehin am A*sch vorbeigehen.

Die Reduzierung auf den Suff, die Exzesse, den Sex ist bezeichnend. Aber weniger für "Bukowski", als vielmehr für seine "kritischen" Betrachter.

„Wir werden alle sterben, jeder von uns, was für ein Zirkus! Das alleine sollte uns dazu bringen, uns zu lieben, aber das tut es nicht. Wir werden terrorisiert von Kleinigkeiten, zerfressen von gar nichts.“ (Bukowski über die Liebe)

Wahre Worte.

Herzlichen Glückwunsch.

Bruno SchulzComment