Ehre

"Was ist Ehre? Ein Wort. Was ist dieses Wort Ehre? Luft. Eine feine Rechnung! - Es mag sein: Ehre beseelt mich vorzudringen. Wenn aber Ehre mich beim Vordringen entseelt? Wie dann? Kann Ehre ein Bein ansetzen? Nein. Oder einen Arm? Nein. Oder den Schmerz einer Wunde stillen? Nein. Ehre versteht sich also nicht auf die Chirurgie? Nein. - Wer hat sie? Er, der mittwochs starb: fühlt er sie? Nein. Hört er sie? Nein. Ist sie also nicht fühlbar? Für die Toten nicht. Aber lebt sie nicht etwa mit den Lebenden? Nein. Ehre ist nichts als ein gemalter Schild beim Leichenzuge. Ich mag sie also nicht."

Falstaff in „Heinrich IV“, William Shakespeare.

Die Deutschen haben noch immer ein merkwürdiges Verhältnis zur Ehre. Sie träumen nach allem Leid und Elend tatsächlich weiterhin heimlich feucht von einem dumpfen Kosmos, in dem vor allem Kraft, Charisma und männliche Tüchtigkeit zu Führungsaufgaben qualifizieren, nachzuweisen durch vermeintlich ehrwürdige Gesten und Taten für eine fiktive Volksgemeinschaft und nicht etwa der demokratische Prozess.

Am liebsten bequem und wohlstandsverwahrlost vor dem Fernseher, den Bewegtbildschaffende mit passenden Narrativen zu befüttern verstehen, um ihre Junkies zu infotainen und vergessen darunter nur zu gerne: auch „Helden“ haben Mütter.

Es ist ein Graus.

motiv: pixabay

Bruno SchulzComment