Krieg

„Despotismus erzeugt Krieg, und der Krieg erhält den Despotismus am Leben.“

Das statuierte der lebenserfahrene sechsundsiebzigjährige Lew Nikolajewitsch Graf Tolstoi so 1904 in seinen Tagebüchern. Er hatte recht. Er hat recht. Leider.

Und das ist jetzt einhundertachtzehn Jahre her. Schon oder erst, ganz wie man es betrachten möchte. Gemessen am Erdalter oder gar dem des Universum, dauert die menschliche Kulturgeschichte bisher auch nicht sehr viel länger an. Und es scheint auch kein Erfolgsmodell zu werden, denn nicht wenige menschliche Evolutionshandbremsen meinen, die ganze Sache jetzt beenden zu wollen. Sie vergessen dabei, dass niemand übrig bleiben wird, sie für ihre primitive Defäkation in fremde Gärten zu bewundern, denn die Idee von fremden Gärten ist selbst schon Geschichte.

Es waren schon immer vor allem alte Männerklüngel, die auf ihren Zielgeraden noch einmal außenpolitisch davon ablenken mochten, dass die eigene Testosteronproduktion nachzulassen drohte und sie bis auf die Kassen der übersichtlichen Kriegsgewinnleramigos keine oder nur kaum wirklich nennenswerte oder gar nachhaltige Erfolge für ein Allgemeinwohl zu erwirken begabt waren. Und von weiteren innenpolischen Fehlentwicklung, die man so auswachsen ließ, auf dass sie kaum noch sinnstiftend zu lösen waren. Keine dieser Figuren überdauerte die Generationen als denkmalsfähige Lichtgestalt.

Wer sich die tatsächlichen Herausforderungen unserer Welt besieht, muss kaum bis Drei zählen können, um die retardierte Geistlosigkeit in der Substitution durch die anachronistische militärische Durchsetzung lächerlicher Partikularbefindlichkeiten zu dechiffrieren.

Pandemien, Klimakatastrophe, Ressourcenverknappung, Armut, Hunger … es gibt unzählige komplexe Herausforderungen, zu deren Lösung es einer einvernehmlichen Kooperation der schlauesten Köpfe dieser Weltengemeinschaft bedürfte. Stattdessen rennt man offenkundig endlichen Konzepten hinterher. Es gibt kein weniger als nichts. Besser wär‘s, man würde an einem Strang ziehen, noch besser wär’s auf einer Seite.

Stattdessen werden junge Menschen in Stahlgewittern verheizt, damit die Kleptokraten kurzfristig warme Füße haben. Dass die Ukraine nicht der Schlußpunkt territorialen Metastasierens sein wird, ist so sicher wie das Amen in der Kirche und Putins Argumentationsstrecke so glaubhaft wie die Versicherungen der katholischen Institution zur dauerhaften Abkehr ihrer Würdenträger von der Knabenliebe.

Guten Morgen Blutdruck.

motiv: pixabay

Bruno SchulzComment