Ordnung ist das halbe Leben

Aber eben auch nur das Halbe.

Marie Kondō ist Ordnungsberaterin. Ordnung machen. Ordnung halten. Expertin für’s Aufräumen also. Kondo klingt fast wie Kondom und irgendwie geht es ja auch um Verhütung. Von Chaos zum Beispiel. Kein Schei*: die Frau gibt Kurse. Sie hat drei Bücher geschrieben, die in siebenundzwanzig Sprachen übersetzt und sage und schreibe weltweit sieben Millionen Mal verkauft wurden. Ganz zu schweigen von Film und Fernsehen und Netflix und so.

Wo sonst als in Amerika könnte man dazu spezielle Präsenzseminare anbieten, in denen man sich in einer siebenstufigen Qualifikationstortur nebst virtuellem Examen zum „Certified KonMari Consultant“ fortbilden und zertifizieren lässt? Eine Art schwarzer Gurt im Frühjahrsputz nach den sechsunddreissig Kammern der Schlampolin. Marie Kondō ist der Bruce Lee unter den Ordentlichmacherinnen. Und ihre Jüngerinnen und Jünger tragen ihren Fetisch hinaus in die Welt wie einst „Quai Chang Caine“ im zweiten deutschen Fernsehen alias David Carradine, der sich später für das bisschen Höhepunkt ordentlich im Schrank verstaute, respektive aufhängte. Am Gürtel. Der Kreis schließt sich.

Im Englischen wurde aus ihrem Namen sogar eine eigene umgangssprachliche Vokabel. Ein Verb: to kondo. Das steht dafür, etwas aufzuräumen. Einen Schrank zum Beispiel.

Kondos Methode heisst „Konmari“ und ist ein seltsamer Hybrid aus der Kontemplation preussischer Militärdisziplin und dem Poesiealbum der Habdichliebbärchis:

• Alles auf einmal, in kurzer Zeit und perfekt aufräumen

• Alle Dinge zum Aufräumen werden auf einem Haufen gesammelt

• Entscheiden, was behalten wird, aufgrund der Frage: Macht es mich glücklich, wenn ich diesen Gegenstand in die Hand nehme?

• Jeder Gegenstand, den man behält, bekommt seinen Platz zugewiesen

• Alle Dinge müssen dort richtig verstaut werden

Warum ich das hier aufschreibe? Als ich kürzlich über die erstaunliche Karriere der japanischen Fimmeltrine gestolpert bin, dachte ich umgehend an meine Facebookfreundesliste, die unbedingt mal kondoisiert werden sollte. Ich wurde allerdings wieder einmal zu schnell willfähriges Opfer meiner chronischen Prokrastination und meines ständigen kreativen Vaganbundierens, wie ein Freund und Kunde meinen Ideendauerbeschuss einmal zu diagnostizieren bemüht war.

Ich bessere mich. Irgendwann. Vielleicht.

Bruno SchulzComment