… als wenn sich der Müll selbst hinausträgt.

Die 'dramatische Selbstentfreundung' - geläufigerer terminus technicus: „dramatic exit“ - ist ein sozialmediales Phänomen und das Attest einer unbeabsichtigen Eigendiagnose: der Westentaschennarziss scheitert an seiner mangelnden Würdigung und belohnt uns dafür mit seiner öffentlichen Selbstextraktion. Wenigstens den letzten Schluckauf, das kindlich pampige Aufstampfen des Parasiten an der Tür soll sein Wirt dann doch noch mitbekommen. Das gerät allerdings häufiger zur lauwarmen Pointe, denn zum fulminanten Finale.

Nicht, dass wir uns falsch verstehen. Die Selbstentfreundung per se ist eine selbstverständliche und mitunter nötige Hygienemaßnahme. Manchmal muss man einfach wissen, wann es genug ist und die Party verlassen: wenn der Gastgeber oder seine Gäste verhaltensauffällig werden, aber auch wenn man sich selbst allzu blöd benommen hat. Dann begibt man sich zur Garderobe, nimmt dezent Hut und Mantel, verharrt einen letzten Augenblick im Rhythmus des Geschehens und entschwindet unauffällig, statt herzhaft und im Strahl in den Saal zu kotzen. Nur den wenigsten sind tatsächlich Timing und Glamour vergönnt für die ganz große Oper.

Bon voyage!

Nachtrag: ein klassischer „Seppuku“, populärer: „Harakiri“, hätte mehr Klasse gehabt, noch mehr Aufmerksamkeit produziert und möglicherweise anderen künftig Kummer erspart. Dazu hätte ich dann allerdings noch eine Frage: fällt ein „Seppuku“ schon unter „cultural appropriation“? Auch wenn man‘s ganz sicher nur einmal macht?

Bruno SchulzComment