Altlasten

Altlasten

Vor einiger Zeit traf ich mal wieder meinen Freund Andreas, der mir leider immer nur sehr unregelmäßig über den Weg läuft. Wir haben eben nicht viele gemeinsame Schnittstellen im Alltag, doch wenn wir dann mal ins Gespräch kommen, ist es meist verdammt kurzweilig. Er selbst ist ein großartiger Erzähler, ganz ungewollt und ungezwungen, eine naturtalentierte Anekdotenschleuder, dessen heimatliches Idiom ich hier gar nicht wiedergeben könnte und darum gleich in ein leichter verständliches "Hochdeutsch" übertrage, auch wenn das sein Narrativ um eine Menge dessen Charmes beraubt.

Zunächst geht es selbstverständlich immer darum, sich gegenseitig auf den aktuellen Stand zu bringen: was machst du gerade mit wem und warum?

Er habe sich von seiner Lebensgefährtin aktiv trennen müssen. Sie wäre zwar noch immer verdammt hübsch, aber er sei an ihrem Altglasaufkommen gescheitert. Nicht weil er sich montags am Container schämte: "Bruno, du weisst, mir ist nur wenig peinlich und ich habe eine breite Brust", aber er fühlte sich der vielen Wege und der Traglasten auf Dauer einfach nicht gewachsen. "Ich bin ja auch schon Fünfzig." "Ja Andreas, das verstehe ich, ist besser so."

Schön, wie er es vermeidet, das Kind beim Namen zu nennen.

Ich respektiere seine Selbstinobhutnahme.

(motiv: Olga)

202212Bruno SchulzComment