von Kunstzuhälterei

von Kunstzuhälterei.

Nora-Eugenie Gomringer ist Lyrikerin, Rezitatorin, wurde 2015 mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis geehrt, ist Direktorin bei Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, leitet das internationale Künstlerhaus Villa Concordia zu Bamberg, ist Mitglied des deutschen PEN und Rotarierin, hat diverse Professuren und ich habe damit vermutlich noch das meiste vergessen und unterschlagen. Außerdem ist sie auch noch Tochter des inzwischen siebenundneunzigjährigen Eugen Gomringer, dem Begründer der konkreten Poesie, der 2021 für sein Gedicht „Avenidas“ auf der Südfassade der Berliner Alice-Salomon-Hochschule zu einem frühen Sündenbock der Identitätspolitik gemacht werden sollte. Man könnte also sagen, sie ist ziemlich gut verdrahtet und hat im Kontext auch schon manches erlebt.

Und doch scheint sie sich immer noch regelmäßig selbst den eigenen Überzeugungen versichern zu wollen oder zu müssen. Manchmal tut sie das in einem Social-Media-Post und so dürfen wir alle an dem Prozess teilhaben.

Dreist hat man sie wohl erst kürzlich adressiert: “Frau Gomringer, bitte nennen Sie mir DichterInnen, die mir 5 kurze Texte schreiben. Eine Honorierung ist nicht vorgesehen.”

Was kommt als nächstes? Schreibt der schamlose Nassauer noch den Präsidenten des Deutschen Ärztetags, Dr. Klaus Reinhardt an, um dem fünf fähige kosmetische Chirurgen aus dem Kreuz zu leiern, die mal eben seine Uschi für lau auf Vordermann schneidern sollen?

Was ist nur los mit solchen Teilnehmern einer Olympiade der Manierenlosigkeiten?

Nora Gomringer macht zu. Sie „bleibt ein Dead End“. Das ehrt sie und ist dabei auch eigentlich ziemlich selbstverständlich. Und doch scheint es sie aus dem Rhythmus zu bringen, denn sie retourniert ausgesprochen parkettsicher: “Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass ich unter diesen Voraussetzungen von einer persönlichen Empfehlung professionell arbeitender Kollegen absehe.”

Um sich gleich darauf bei den Lesern Ihres Posts fast noch zu entschuldigen: „natürlich ist alles verhandelbar. Auch “Arbeit for free”, aber je mehr davon, desto weniger ist “Arbeit for something” zu rechtfertigen.“

Ich kenne diesen Wahnsinn seitdem ich mit der Gestaltung mein Brot verdiene, also seit mehr als 30 Jahren. Ob mit Grafik, Innenarchitektur, Produkt, Bild oder Text ist dabei vollkommen unerheblich. In jungen Jahren lässt man sich noch leicht aufs Glatteis führen. Ist süchtig nach Lob, nach Referenzen, Anerkennung, nach Wertschätzung und riskiert allzu leichtfertig eben diese zu verspielen. Wertschätzung ist kein Tauschgeschäft. Sie ist die Zugabe, nicht die Währung. Es ist mit ihr wie mit der aufrichtigen Liebe. Auch die muss und kann man nicht aus Leistung konvertieren. Manche scheinen dieses existenzielle Prinzip nicht zu verstehen und wollen diejenigen kompromittieren, die so viel mehr zu geben haben und daraus dem perfiden Geschachere oft kaum gewachsen sind.

Nora Gomringer hashtaggt: „#priceyourtalent“. Ganz genau. Hört auf, euch zu verschenken.

„Wenn der Idiot meint, die Leistung von fünf referenzierten DichterInnen habe keinen Wert, soll er seinen Scheiß doch selbst rausrotzen und sehen, wie weit er damit kommt.“

Man sollte diese klebrige Zuhälterei von Kunst immer sofort im Keim ersticken, wo immer man ihrer gewahr wird. Dicke Hose auf fremdem Buckel, der Schmuck aus fremden Federn muss unterbunden werden. Und am besten benennt man diese Typen umgehend coram publico, teert und federt sie und treibt sie um den Dorfanger, denn sie werden es immer wieder versuchen und leider immer wieder auch mit Erfolg.

Arschloch!

202212Bruno SchulzComment