Freibad

"Leerstunden des sozialen Miteinanders"

Ein sommerliches Erfrischungsbad kann der Leibesertüchtigung dienen oder jüngeren Generationen Raum schenken für ihr geselliges Miteinander einschließlich Ringelpietz, vielleicht sogar mit Anfassen. Oder eben wie mir, schlicht und einfach nur Erholung bieten. Ein durchschnittlich eher kleingeratener Privatpool zwischen gut bewachten Jägerzäunen käme mir da kaum in Frage.

Allerdings ist auch schon das schüchternste Kleinstadtfreibad allein aus akustischen Aspekten völlig ungeeignet: mir geht die Kakophonie aus Kick-, Plansch- und Kreischgeräuschen als Dauergrundrauschen ziemlich auf den Senkel und ich kann meine nicht vorhandenen Hörgeräte halt noch nicht abstellen. Die inzwischen bundesweit bekannten "Spaßbadformate" präsentieren sich da noch mit ganz anderen Herausforderungen: Ästhetische, olfaktorische ... wo soll man da anfangen und wo aufhören?

Wenn ich halbnackte Ölringer, testosterongetriebene Preisboxer oder Freizeit-Bruce-Lees bewundern wollte, könnte ich ja ein adäquates Event buchen. Und Musik kann ich nur selbstgewählt ertragen und möchte Neues ausschließlich selbstdosiert kennenlernen. Vor allem in der Lautstärke. Das Autotunesgeheule ist jedenfalls nicht mein Ding, Bruda. Ehrlichgesagt habe ich an allem Aufdringlichen und Übergriffigen nur sehr mäßiges Interesse und verzichte von daher nur zu gerne auf jede ungefragte Animation.

Überhaupt sind mir schon allein die Menschenmassen sehr zuwider. Ja ich weiß, ich werde an der demographischen Entwicklung Zentraleuropas scheitern und habe meine Ausweichplätze zum Glück bereits gefunden. Hat auch was mit Baden zu tun: am Meer und an Seen, die dem Durchschnittsbürger derzeit noch zu frisch bleiben. Hoffentlich hält das Klima noch ein paar wenige Jahre durch.

Was ich aber tatsächlich als viel verstörender empfinde, ist der ungestellte pädagogische Auftrag, in dem selbstbesoffene Volkserzieher wie Laetitia Bückhold mich in meiner knapp bemessenen Freizeit mit Lehrstunden nach ihren Vorstellungen von 'sozialem Miteinander' zeigefingernd zu missionieren trachten. Um mit den Worten eines guten alten Bekannten zu sprechen, der bereits in jungen Jahren verstand, am Strand von Lloret de Mar ungeliebte Urlaubsbekanntschaften von seiner Reisegruppe fernzuhalten: "wir wollen niemand kennenlernen" - ergänzen möchte ich: jedenfalls nicht immer und zu jeder Zeit.

Wann hat das eigentlich angefangen, Leuten ständig bis in das Allerprivateste hineinzudiktieren?

Bruno SchulzComment