„kenn ich.“

„kenn ich.“

„Originalität ist meistens nichts anderes als ein noch nicht entdecktes Plagiat.“ (Voltaire)

Da hat man einen Gedanken, fasst ihn, formt den, bemüht sich um Präzisierung, befleissigt sich, ihn ordentlich zu formulieren und teilt sich mit. Und dann kommt jemand um die Ecke, um sich öffentlich auszubreiten: „das kommt mir aber sehr bekannt vor.“

Schön, wenn die- oder derjenige notieren, dass sie das kennen, weil sie das auch schon mal erfühlten oder soeben erleben. Denn ganz so einzigartig sind Zweifel und Nachdenklichkeiten um die eigenen Unzulänglichkeiten wohl kaum und das ist auch gut so, denn das wäre nur schwerlich auszuhalten.

Schon gar nicht wenn man bedenkt, dass gemäß dem berühmten kanadischen Demographen Nathan Keyfitz, Gott hab ihn selig, inzwischen mehr als 100 Milliarden Menschen auf der Erde geboren wurden, gelebt haben und gestorben sind.

Wenn ich da die Wahrscheinlichkeit von eins zu einhundertvierundvierzig Millionen aus dem Lottoklassiker 6/49 zu Grunde lege, wäre die absolute Uniqueness einer Idee verdammt überraschend, der Anspruch vermessen, wenn man nicht gerade griechischer Großphilosoph oder eine jener buddhistischen Aphorismenfabriken ist, die übrigens alle schon lange mausetot sind und nur schwerlich belegt werden können. Man entsinne sich allein Platons berühmter Zitate rund um Digitalisierung, SUVs und Vollbeschäftigung.

Womit wir zu den missgünstigen Zeitgenossen kommen, die selbst eher weniger lesen, dafür noch weniger an originären wie originellen Ideen beizutragen haben, aber regelmäßig Plagiate 'erfühlen' können, um einen selbstverständlich unbelegten Vorwurf in den Raum zu würfeln, den sie gar nicht erst begründen möchten. Schließlich geht es häufiger um Selbsterhöhung und Abarbeiten, Diffamierung und Schmähung, als um die Auseinandersetzung mit den Inhalten.

Hallo? Ich bin nicht Karl-Theodor zu Guttenberg, das ist keine Doktorarbeit, ich habe keine Quellenforschung angestellt und mein Vortrag ist auch nicht die Bergpredigt, kein legendär spontanes „I have a dream“. Wir sind hier auf Facebook. „Unter uns“ sozusagen. Mal ehrlich.

Die Frage ist also: muss man wirklich alles auf die Goldwaage legen, jeden einzelnen eigenen Gedanken künftig 'Wort für Wort' googlen, bevor man darüber redet, um ihm ein Gewicht aufzulegen, das ihn möglicherweise erstickt ihm jede Leichtigkeit des Augenblicks nimmt? Oder um es mit den genialen Worten einer Steffi Graf zu formulieren „Parmesan auf die Flügel streut?“, weil die im Gegensatz zu mir zu glauben scheint, dass Schmetterlinge, deren Flügel mit Käse überbacken wurden, noch davonfliegen könnten? Wie sinnhaft unsere Bonmots sind und bleiben, unabhängig ihrer Reichweiten, lasse ich also lieber mal offen.

Wie wäre es, wenn wir etwas unaufgeregter durchs Leben stromerten, zumindest hier, in den sozialen Medien, wo wir oft genug nur ziemlich oberflächlich aufeinander treffen und jeder schonmal daneben gegriffen hat?

Guten Morgen.

Bruno SchulzComment