Otto.

Der Otto war ein guter Jugendfreund, Gott hab ihn selig. Sein einfachster Schulabschluss fiel ihm schwer, er hatte es zuhause nicht leicht und er war ein großartiger Kerl. Loyal, verlässlich, davon gab und gibt es nicht eben viele. Er blieb auch dabei, wenn es mal weh tat.

Otto erlernte den Beruf des Konditors und wurde zu allen Partys eingeladen. Und das nicht nur, weil er stets etwas Selbstgebackenes mitbrachte: "Torte für die Torten". Das war sein Motto und irgendwie gaben ihm seine Erfolge ja auch recht.

Statt seine Wehrpflicht zu erfüllen, ging er seinerzeit lieber gleich zu den Kampfschwimmern nach Eckernförde. Nach sechs Jahren an der Ostsee, wollte er mehr von der Welt sehen. Da wechselte er nach Korsika zur Fremdenlegion, bereiste ferne Länder, lernte interessante Menschen kennen und brachte die um: "legio patria nostra". Ab da hatten wir nur noch sehr sporadischen Briefkontakt. Schreiben war seine Sache nicht. Aber eine Karte habe ich noch und ich gebe auf sie acht. Er soll nicht verschwinden.

Für die Legion opferte er sein kurzes, aber durchaus erfahrungsreiches Leben. Auf dem Feld der Ehre? Eher in einer durchgesoffenen Nacht mit billigen kreolischen Weibern in Kourou im Überseedépartement Französisch Guyana, nach seinem Wachdienst an der Ariane. Er hatte den Point of no return zum Verlust der Muttersprache längst passiert, als ein paar Kameraden es für eine gute Idee hielten, ihm ein hellblaues Schwälbchen auf die breite Brust tätowieren zu lassen, das ihm romantisch in die Herzgrube pickte. Im Schnabel ein Briefchen und einer Botschaft darin.

Das ganze ist jetzt über dreissig Jahre her. Ich schreibe es auf, dass es bleibt.

Bruno SchulzComment