OFFENER BRIEF

Danke für ein paar Minuten Aufmerksamkeit

Dickicht.

Oder: es wird verwaltet.

Zum Jahreswechsel 2020/21 sind bei uns im schulzundtebbe LOFT auf dem Dr.-Jacob-Gelände Vertreter des „Amts für Wirtschaftsförderung und Liegenschaften“ der Stadt Bad Kreuznach aufgeschlagen. Es ging darum, abrufbare Fördermittel in eine digitale Kommunikationsstruktur zu konvertieren, um die coronageschwächte Bad Kreuznacher Innenstadt zu stabilisieren und Perspektive aufzuziehen. Ein tolles Thema für uns, die wir uns seit Jahren mit Stadtmarketing beschäftigen und zu dem Zeitpunkt noch aktiver und engagierter Förderer des BCSD waren, der Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland e.V.

Digitale Kommunikation ist naturgemäß sehr lebendig in Bewegung, immer ein Prozess und in ständiger Veränderung begriffen. Um der, im Vertrauen vorformulierten und bereits skizzierten Idee einer „digitalen Agora“ einen Rahmen zu geben, haben wir im Mai 2021 (!) ein paar einfache Zahlen zusammengestellt (Anm.: bitte merken), ohne kontextuelle Erläuterungen, um damit am 7. September 2021 endlich das Projekt in einem Wirtschaftsausschuss zu präsentieren, dessen TOP die „Beauftragung Digitalmarketing Schulz und Teppe“ hätte sein sollen. Bemerkenswert nur am Rande, dass man als Agentur nach 18 Jahren insgesamt, nach immerhin 14 Jahren am Ort und vor allem einigen Monaten regelmäßiger Zusammenarbeit noch immer falsch adressiert wird. Eine Frage des Respekts. Dafür nachträglich ein herzhaftes Dankeschön.

Die Veranstaltung selbst war ein Desaster. Die Teilnehmer verständlicherweise kaum sachkundig und mitnichten vorbereitet, technophob und - sehr vorsichtig formuliert - misstrauisch, was den digitalen Wandel und seine Entwicklungen betrifft: „Hat dieses Internetz jetzt eigentlich was gebracht?“

Danach hörten wir von den Verantwortlichen nichts mehr. Keine Erklärung, keine Erläuterung, nicht einmal eine kritische Auseinandersetzung. Im Zeitgeist nennt man das heute wohl „Ghosting“. Bis in den Juli 2023, also beinahe 2 Jahre (!) später. Wir hatten die ganze Sache für uns längst ad acta gelegt, erst verdrängt und dann vergessen.

Inwischen wurde von der Stadt eine Aufgabe formuliert, die auf den gemeinsamen Gesprächen seinerzeit aufbaut und unser 2 Jahre altes Zahlenwerk, das entstanden ist bevor es die Aufgabe überhaupt gab, ist zu einem aktuellen Vergleichsangebot halluziniert worden. Um ein anderes durchzusetzen? Keine Ahnung.

Als wir davon erfahren haben, haben wir verständlicherweise sofort zurückgezogen, nicht ohne den Vorgang selbst zu kommentieren (der email-Verkehr liegt vor). Man bot uns an, erneut ein Angebot zu formulieren, wovon wir aber Abstand nahmen und demzufolge auch nicht noch einmal im August präsentierten mochten.

Am 5. September 2023 (gestern) erfahren wir - im digitalen Wandel bedeuten 2 Jahre einen Quantensprung - dass unser uraltes Zahlenwerk noch immer vorgeblich als Vergleichsangebot dient, ohnehin chancenlos nicht zuletzt aus persönlichen Befindlichkeiten wie wir inzwischen hören mussten, für ein öffentliches Konvent des Wirtschaftsausschuss am selben Abend, dessen TOP diesmal die „Beauftragung einer Homepage für die Erstellung einer digitalen Marketingstrategie“ ist. Schon der Titel hat mit dem alten Konzept nur insofern zu tun, dass es „irgendwas mit digital“ bedeutet.

Beauftragt werden Kollegen, die ich an dieser Stelle ehrlich und aufrichtig beglückwünsche zum Gewinn eines Pitchs, den es ja tatsächlich nie gegeben hat.

Dass wir uns richtig verstehen: wir sind nicht misslaunig darüber, dass wir nicht den Auftrag erhielten zu einem Projekt, zu dem wir ja tatsächlich gar nicht mehr angeboten haben - aus gutem Grund.

Wir wundern uns ehrlichgesagt nicht einmal mehr, nachdem wir vor ein paar Jahren schon Ähnliches mit der Bad Kreuznacher Museumslandschaft erleben mussten. Sowie bei aktuellen Entwicklungen in einem Projekt in einer gemütlichen Kleinstadt in unmittelbarer regionaler Nähe. Und auch in vielen weiteren Erfahrungen dieser Art im heimatlichen Beritt.

Welche Lehren ziehen wir daraus? Vielleicht, dass man als kleines, inhabergeführtes, lokales Unternehmen, das seit Jahren Menschen beschäftigt, ausbildet, am Ort konsumiert und Steuern zahlt, kein Interesse mehr daran haben kann, auch nur irgendetwas für diese Stadt zu tun, oder sich in irgendeiner Form lokalpolitisch zu engagieren.

Aus meiner Sicht ein wahrhaft trauriges Bild aus der Perspektive eines Bad Kreuznachers, der hier seit mehr als fünfzig Jahren lebt und die Stadt und ihre Menschen mag.

Schade.

Bruno Schulz

www.schulzundtebbe.de

Bruno SchulzComment