Nicht nur von „den Nazis“!

Nicht nur von „den Nazis“!
Gedanken zum 22. Februar 1943.
Heute vor 81 Jahren.

Wir kennen die traurige Geschichte um Sophie Scholl, ihren Bruder Hans, Alexander Schmorell und die kleine Gruppe von Studierenden, die sich mutig dem Nationalsozialismus widersetzten: Die „Weiße Rose“ forderte mit Flugblättern und Graffitis zum passiven Widerstand gegen das verbrecherische Dritte Reich auf. Nach der „Wende“ von Stalingrad warfen sie am 18. Februar 1943 tausende Flugblätter in den Lichthof der Münchner Universität. Daraufhin wurden sie von einem Hausmeister gestellt, der sie festhielt und pflichtbewußt der Gestapo übergab. Nur Stunden später wurden die Geschwister Scholl und Christoph Probst durch den Volksgerichtshof unter der Leitung Roland Freislers zum Tode durch das Fallbeil verurteilt und umgehend hingerichtet. In den Wochen darauf widerfährt vielen Freunden dasselbe Schicksal. Sophie Scholl starb heute vor einundachtzig Jahren, am 22. Februar 1943. Ihre letzten Aufzeichnungen lauteten:

"So ein herrlicher, sonniger Tag, und ich soll gehen. Aber wie viele müssen heutzutage auf den Schlachtfeldern sterben, wie viel junges, hoffnungsvolles Leben ... Was liegt an meinem Tod, wenn durch unser Handeln Tausende von Menschen aufgerüttelt und geweckt werden."

An dieser Stelle enden die meisten bewegenden Nachrufe und unterschlagen dabei, dass Sophie und Hans Scholl und die andere Mitglieder der „Weissen Rose“ eben nicht nur von „den Nazis“ ermordet wurden, sondern von nur scheinbar normalen Menschen auf- und umgebracht, die sie noch um Jahrzehnte überleben sollten, kaum oder nie zur Rechenschaft gezogen, zumeist weiter alimentiert wurden und auch noch Rente bezogen für ihre Schandtaten, geschützt und gedeckt durch Leute, die ganz sicher ebenso bekannt gemacht werden sollten.

Ein Beitrag: Sophie und Hans Scholl wurden von dem Hochschulpedell und SA-Mann Jakob Schmid auf frischer Tat ertappt, der sie gemeinsam mit dem Hausverwalter Albert Scheithammer überbrachte. Jakob Schmid wurde übrigens am 11. Mai 1945 durch amerikanisches Militär verhaftet und später zu fünf Jahren Arbeitslager verurteilt. Damit verlor er nur vorübergehend ebenso seinen Anspruch auf alle öffentlichen Bezüge wie das Recht, jemals wieder ein öffentliches Amt auszuüben. Schmid legte dagegen zweimal erfolglos Berufung ein mit der üblichen Binse, er habe doch nur seine „Pflicht getan“, ihm sei es gar nicht um den Inhalt der Flugblätter gegangen, aber das Verteilen an sich sei ja nun einmal verboten gewesen. Dann wurde er vorzeitig aus der Haft entlassen und obendrein wurde auch noch sein Rentenanspruch 1951 wiederhergestellt. Er starb nach dreizehn Jahren an Bezügen erst am 16. August 1964, mehr als einundzwanzig Jahre nach Sophie Scholl und vermutlich erheblich komfortabler als durch das Fallbeil.

Festgehalten und erstverhört wurden die beteiligten Mitglieder der Weissen Rose durch den Universitätssyndikus und Gestapomann Dr. Ernst Haeffner und den Rektor der Universität, Professor Walther Wüst (gestorben erst 1993!), von diesen angezeigt und übergeben an die Gestapo und darauf in der Münchner Gestapo-Zentrale im Wittelsbacher Palais in der Brienner Straße vom 18. bis zum 20. Februar verhört durch den Kriminalobersekretär Robert Mohr (gestorben erst 1977!), am 22. Februar vom Volksgerichtshof vor Ort in München unter Vorsitz Roland Freisler (gestorben 1945 in Berlin während eines Luftangriffs) zum Tode verurteilt und gegen 17 Uhr im Strafgefängnis München-Stadelheim unter Aufsicht des Leiters der Vollstreckungsabteilung des Münchner Landgerichts Walter Roemer (gestorben erst 1985!) vom Scharfrichter Johann Baptist Reichhart mit der Guillotine enthauptet. Der Scharfrichter von Sophie Scholl selbst starb erst am 26. April 1972. Er hatte in drei Systemen dreitausendeinhundertfünfundsechzig Menschen getötet, darunter fast dreitausend alleine im Dritten Reich. Reichart meinte, er habe noch nie jemanden so sehr in Würde sterben sehen wie Sophie Scholl. Und der Mann war „Experte“.

Macht die Täter und Mörder sichtbar!

Holt sie aus der Anonymität der Menge!

Bruno SchulzComment