Lieber Robert Neuber ...

Wenn einer eine Reise tut …

Der Neuber Robert, den ich schon aus Schultagen kenne, ist seit geraumer Zeit mit seinem Fahrrad in Kolumbien unterwegs. Wir waren nie Freunde, haben uns aber aus der Distanz immer mit Respekt behandelt und nie ganz aus den Augen verloren.

Der Robert ist einige Jahre in Bogota aufgewachsen, um dann nach Deutschland zu kommen und an mein Kleinstadtgymnasium, von wo wir dann beide sogar noch an dieselbe Privatschule in ein anderes Bundesland wechseln mussten, um trotz unseres pubertären Querulierens einen hochschulfähigen Abschluss mitzunehmen. Unabhängig von einander.

Aber irgendwie verbindet einen eine solche 'Karriere' ja doch. Der Robert wurde nach senem Publizistikstudium - lustig, auch da habe ich für drei Semester ein paar Scheine und zwischenmenschliche Erfahrungen gesammelt, zufällig und ohne direkten Kontakt zueinander - Lokalredakteur in Bad Kreuznach: „zurück auf Los, ziehe keine 4.000 Mark ein“, wie wir das aus den 'Ereigniskarten' kennen. Außerdem ist er noch Rock'n‘Roller. Spielt Gitarre und Bass bis heute in seinen Bands und immerhin auf einem Niveau, für das er gebucht und auch bezahlt witd.

Warum ich das jetzt gerade alles aufschreibe? Der Robert hat letztes Jahr einen Artikel über mich geschrieben. Vordergründig ging es da natürlich um das Senfwerk und meine Agentur schulzundtebbe, aber aus allen Zeilen triefte auch einige wohlwollende und auch melancholisch nachsichtige Perspektive auf meine Person, aus eben jjener, weiter oben beschriebenen, respektvollen und freundlichen Distanz.

Zu meiner Freude veröffentlicht er derzeit täglich auf Facebook ein reich bebildertes Tourentagebuch seiner Radrundreise kreuz und quer durch ein Land, das ganz offenkundig so viel mehr zu bieten hat, als die netflixverfilmten Schauergeschichten um den lateinamerikanischen 'Ali Baba' - „plata o plomo“ - Pablo Escobar, dessen weltweit ausgelöster ‚Hochlandschnupfen‘ oder die einstmals endlose Gewaltspirale zwischen der Guerilla und den Paramilitärs.

Ich schreibe dem Robert ein paar Zeilen in den Thread zu seiner letzten Logbucheintragung:

„An manchen deiner Stationen, wünschte man dir ein wenig mehr Zeit, einen Platz im Schatten, ein paar knackkalte Bier und die Muße, das Ortsgeschehen in ein paar schön formulierten Sätzen nachzuzeichnen, nötigenfalls mit etwas Fantasie um eine Pointe zu bereichern. Ich denke da an Hemingway und seinen Roman „Fiesta“, der ihn berühmt machen sollte. Naja, so ungefähr, du verstehst mich schon.

Ich wünsche dir weiterhin eine aufregende Reise mit vielen lebendigen Eindrücken von Ewigkeitswert, auf die du zurecht gerne und stolz zurückblicken wirst. Es ist eine gute Idee, ein knappes, bebildertes Tourentagebuch 'live' aufzuzeichnen, um die Details festzuhalten, die einem später nur allzu leicht entgleiten wollen. Und natürlich auch, um uns alle 'mitzunehmen'.

Alles Gute und bleib gesund.“

Wer neugierig ist, der lese mit. Es lohnt sich nicht nur für eingefleischte Velocyclisten.

PS: … und irgendwie entbehrt es ja auch nicht einer gewissen Komik, dass ich morgens auf dem Ergometer die noch dampfenden Radabenteuer durch Wüsten, über Pässe und vorbei an Vulkanen und pittoresken Städtchen und Landschaften aus der Socialmediakonserve quasi für ein paar Meterchen 'mitfahren' kann und darf. Das hat was von Daniel Defoes „Robinson Crusoe“, bei dem viele von uns von der Couchinsel aus mitfieberten und mit dem wir gemeinsam auf 'Freitag‘ gewartet haben und auf das nächste Wochenende.

Guten Morgen.

Bruno SchulzComment