„Wir waren Freunde“

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Vier und eigentlich fünf.

Doch einer war lange schon fort.
Der Exote. Tarifa. Der „Spanier“. So dachten wir alle.
Mit seiner Zigeunerfrau und der Bar am Strand,
war er immer ein Vergleich, wie gut man es doch machte.
Und für eine Ansteckung war er allen weit genug entfernt.

Auch der zweite hielt es hier kaum lange aus.
Der tauchte mal ab und mal auf. Immer und immer wieder.
Dann schüttelte er sich und erzählte von seinen Reisen.
Wenn er haltlos war und in Gedanken schon wieder unterwegs.
Zwischen Asien und Afrika. Ständig im Transit.

Wir anderen hatten uns eingerichtet. Dachten wir.
Mit Reihenhaus, Rentenversicherung und Leasingvertrag.
Und dem, was noch vom Tag übrig blieb.
Unentschieden zwischen dem Glück und seiner Darstellung.
Zwischen Rabatt und Rabatte. Hauptsache fern von Rabat.

Jensen meint: „Barba, Kalauer stehen Dir nicht.“
Er ist zu Besuch. Jensen ist der Sohn des dritten.
Und Patensohn des vierten, der gerade beerdigt wurde.
Mit dem keiner mehr redete, weil er nicht mehr redete.
Und weil er mal zuviel geredet hatte.

Ich bin der fünfte und von mir will er alles wissen.
Jensen. Warum keiner Abschied nahm. Und warum es so kam.
Wer die Idee hatte und warum die Moral auf der Strecke blieb?
„Moral, Jensen? Da sind so viele Perspektiven.
Fünf Innenansichten und noch mehr von außen.“

„Ich will Deine hören und meine eigene finden.“
„Warum fragst Du nicht Deinen Vater?“
„Der lebt sein eigenes Märchen, das jetzt unseres sein soll.“
„Jensen, das ist eine lange Geschichte.“ „Ich habe Zeit.“
„Bangkok begann auf einer Kleinstadtkirmes …“

Ich werde jetzt alles aufschreiben.
Versprochen.
B.

18. Januar 2020


Bruno SchulzComment