Zeiten und Zeichen

„Ich habe mein ganzes Leben lang, vor und nach der Befreiung, Schwierigkeiten gehabt, zu hassen, obwohl ich genügend persönlichen Grund dazu gehabt hätte - und das ist mir auch gelungen. Aber dann, spät, habe ich es doch noch gelernt - als ich die ersten Verlautbarungen aus dieser Ecke auf die Anschläge von New York, Washington und Pennsylvania über mich ergehen lassen mußte: nämlich daß „Ground zero", der Anschlag auf die Twin Towers - ich zitiere - „die Ersatzsprache der Gewalt ist, weil berechtigte Anliegen nicht gehört worden sind, eine Reaktion darauf, daß den Armen der Welt jedes Verständnis versagt wurde..."

Diese Camorra der Einäugigen mit dem Zynismus ihrer inneren Beziehungslosigkeit zu den Verbrannten, Zerquetschten, zu Staub Zermahlten, bei gleichzeitig infamer Glorifizierung der Mörder als Arm rächender Gerechtigkeit - diese verkommene deutsche Linke hat mich dann doch noch zu hassen gelehrt.“

Das stammt aus der Eröffnungsrede von Ralph Giordano zur „Kritischen Islamkonferenz - Aufklären statt Verschleiern" am 31. Mai 2008 in Köln-Lindenthal.

In aller Bescheidenheit spüre ich ihm nach. Zuletzt packte mich wohl eine ganz ähnliche Wut, als ich den maßlos infamen Liebesbrief der offensichtlich orientierungslosen französischen Vorzeigepseudokulturlinken Virginie Despentes las, den diese an die Attentäter des Terroranschlags im Januar 2015 auf den jüdischen Supermarkt „Hyper Cacher“ und die Redaktionsräume des Satireblatts „Charlie Hebdo“ adressiert hatte und der an Perfidie, Moralblindheit und Empathielosigkeit kaum zu unterkellern ist:

„J'ai été aussi les gars qui entrent avec leurs armes. Ceux qui venaient de s'acheter une kalachnikov au marché noir et avaient décidé, à leur façon, la seule qui leur soit accessible, de mourir debout plutôt que de vivre à genoux […] Je les ai aimés jusque dans leur maladresse – quand je les ai vus armes à la main semer la terreur en hurlant “on a vengé le prophète” et ne pas trouver le ton juste pour le dire. Du mauvais film d'action, du mauvais gangsta rap. Jusque dans leur acte héroïque, quelque chose ne réussissait pas. Il y a eu deux jours comme ça de choc tellement intense que j'ai plané dans un amour de tous – dans un rayon puissant."

In einem Interview bezeichnete Despentes sich wie folgt: „Je suis islamo-gauchiste.“

Mit ihren durchsichtig degoutanten Provokationen befüttert Despentes eine vollkommen sinnentleerte, überflüssige politische Kaste nur vorgeblich linker Kretin*Innen, die in ihrer Orientierungslosigkeit jeden Werteanspruch lange verspielt hat und nur noch von dem einen absurden Glauben zusammengehalten wird, die Deutungshoheit über eine bizarr geclusterte Hypermoral innezuhaben um diese wie eine Monstranz vor sich herzutragen.

Bruno SchulzComment