mein lieber Christopher

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Für einen Freund.

„Reden! - Tod ist Schweigen“.

So hat das der Dichter Friedrich Löchner in seiner Gedankensammlung „Blätter am Wege“ festgehalten. Mir gefällt das sehr und es ist mir der Impuls, einen Brief zu veröffentlichen. Einen sehr persönlichen Brief, den ich vor wenigen Stunden an meinen verstorbenen, besten Freund geschrieben habe, den ich gestern beerdigen musste.

Jetzt ist Wochenende und damit Zeit, die Dinge noch einmal besser anzuschauen, umzudrehen, anzufassen, den zum Scheitern verurteilten Versuch zu unternehmen, etwas zu begreifen, was mir nie gelingen kann und nie gelingen wird.

In der Lokalzeitung lese ich die Traueranzeigen nach. Die der Familie, die der Kollegen und der Freunde, der auch ich mich gerne angeschlossen habe.

Das ist eine unaufgesetzte, schöne und tiefehrliche Geste des Mitempfindens und bietet dabei doch kaum Raum, ihm noch einmal in wenigen Worten von Herzen sagen zu können, wie die Dinge für mich waren, sind und immer bleiben werden.

Darum an dieser Stelle:

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Mein lieber Christopher,

andere Menschen sehen andere Dinge,
aber ich erinnere uns genau:
wir flogen gemeinsam durch die Zeit,
die uns jetzt einholen wollte.
Es waren mehr als vierzig Jahre,
eine lange, viel zu kurze Reise.

Sehr früh sahen wir uns groß,
doch in den besten Zeiten klein.
Dabei war es nicht immer leicht
für Dich, für mich, für uns und die anderen.
Mal näher, mal ferner, doch nie ganz verloren,
Du hattest so viel Geduld. Geduld für uns zwei.

Unsere dänischen Sommer waren riesengroß,
voller Sand, Wellen und Wind,
der Strand und der Himmel waren weit.
Wir steckten die Füße in den Sand
und schauten hinaus auf das Meer.
Jahr für Jahr und manchmal auch alle zwei.

Die Menschen kamen und sie gingen. Manche blieben.
Häuser haben wir gebaut, Bäume gepflanzt, Söhne gezeugt.
Wir hatten Ideen, die Dinge zu verändern,
doch nun haben die Dinge uns verändert.
Ich hätte dich so gerne hier, heute, alle Zeit,
aber Du wurdest gegangen und bleibst doch immer da.

Es ist wie es ist, nicht gut und nicht richtig.
Ist alles endlich? Ich glaube nicht daran.
Es fühlt sich abgeschnitten an und doch gegenwärtig.
Die Wunde quält, sie brennt wie Feuer.
Und Linderung kennt nur die Erinnerung,
wie mein innerer Dialog mit Dir.

Nun geh, aber bleib!

Ich vermisse Dich.
Bruno

Bruno SchulzComment