HRMQE2: Nachschlag.

Die Figur HRMQE2 hat polarisiert. Das ist offenkundig. Mit ihrem Ableben hat sie das Tor zu einem Panoptikum aufgestoßen, dessen Ausmaß man bei halbwegs geistiger Gesundheit nicht einmal ansatzweise anzunehmen wagt. Unglaublich, was da alles interpretiert und projiziert wird, getriggert von einem Tsunami der Medienschaffenden, die dieses aufmerksamkeitsökonomische Highlight auszuwringen trachten bis zur absoluten Sättigung mit stoßweisem Rückfluss oberhalb der Unterlippe.

Erstaunlich, dass die Leute nicht trennen wollen oder können zwischen der Geschichte, dem Empire, der Queen, dem Adelshaus, den kulturellem Erbe, der Privatperson und Fiktionen zwischen Groschenheft und seriöser biographischer Auswertung.

Manche Reflexempörer scheinen sie dabei erwischt zu haben, wie sie eigenhändig Afrikaner über den Atlantik gerudert hat, nachdem sie in jungen Jahren quasi im Alleingang die Sklaverei erfunden hatte. Andere klären uns auf über die noch realere Realität, in der der Super-Mega-Top-Reptiloid nun endgültig die Seiten der Erdscheibe in den ewigen Schatten gewechselt habe.

Ungezählte Kaffeekränzchen oszillieren in ihren sauerstoffarmen Analysen zwischen der verzweifelten Omi, die der Gram um das Missverhalten der bösen Schwiegerenkelin viel zu früh aus dem Leben gerissen hat und der boshaften alten Hexe, die die so wohltätige wie schicke und promiske Kindergärtnerin nebst ihres orientalischen Verehrers an die Tunnelwand getrieben hat und die nun endlich vom Karma eingeholt wurde. Oder sie delirieren zerebral entkernt von der goldenen Wolke, auf der das Regentenpaar wiedervereint und händchenhaltend den Fortgang des Menschengeschlechts wohlmeinend im Auge behält. Von Liebe und Hoffnung und die stirbt bekanntermaßen zu allerletzt. Dabei ist die höfische Berichterstattung der öffentlichrechtlichen wie privaten Medienhäuser kaum weniger idiotisch als die Repliken der Goldeneblattleserinnen oder die Statements hysterischer Möchtegernaktivisten, die bereits mit bebenden Nüstern ihre frische Deals, Likes und Retweets wittern.

Schließlich ist eine sehr alte Person des öffentlichen Lebens gestorben, in deren Biographie zufällig unzählige geschichtsrelevante Kontakte und Augenblicke fallen. Die Repräsentantin eines sich ausschleichenden, überkommenen Systems in hochkomplexen weltpolitischen Wechselphasen. Die Leute haben es aber lieber schlicht und quälen uns darum mit ihren sedierenden Lieschen-Müller-Interpretationen und -Verkürzungen.

Zum Schluss sieht wohl jeder, was er sehen will und wie er das Weltgeschehen subjektiv ordnet.

Erstaunlicherweise machen das sehr viele der ehemalig kolonialisierten „Untertanen“ erheblich differenzierter, wie das meine FB-Freundin Pat heute morgen mit einem Kondolenz-Beitrag aus Pakistan eindrucksvoll zu belegen wusste.

Bruno SchulzComment