Black Washing.

CeWe wirft ihre neue Kampagne in meinen Newsstream und ich fragte mich tatsächlich spontan und ohne jede Rücksicht auf den Text zu nehmen, ob das womöglich ein Teaser sei für ein neues Special einer dieser „Auswanderer-Dokuformate“ aus der Prekariatssedierung. Oder eher eine bitterböse Parodie darauf. „Goodbye Deutschland“ - so oder so. Das Privatfernsehen bedient darin regelmäßig das stabile Urmuster deutschen Hauruckhumors à la „Dick und Doof“, das nur eben meist in einer Person. Und die heisst Gabi. Oder Uschi, Claudia, Beate, hat schon ein bisschen Moos angesetzt, ist ein wenig aus dem Leim gegangen und trägt eine freche Farbsträhne im praktischen Kurzhaar.

Gabi schmort und schmurgelt in romantischen Sehnsüchten und oszilliert zwischen allen Extremen der Gefühlswelten einer Endfünfzigerin, die sich glücklicherweise gerade noch einmal aus ihrer Langzeitstrafe in Hausknechtschaft und emotionalem Grönland an Dieters Seite zu befreien vermochte. Oder Martin, Klaus, Henning oder Heinz. Alles weisse, alte, schmärbäuchige CIS-Oettingerkonsumenten.

Und jetzt? „Kenia“ hat die Friseurin Dagmar aus dem Salon „Daggi‘s 'Love is in the Hair'“ empfohlen, sei eine Reise wert. „Oder Jamaika: alalalalalong!“ Von dort kommt die immer mit einem, wie in einer Spastik erstarrten Grinsen zurück, das noch mindestens zwei Monate vorhält, als müsse man es ihr aus dem Gesicht schneiden und ergießt ungefragt grunzend ihre klebrigen Expertisen zu den Strecken, die sie gemacht hat, über die geduldig in Färbung Dauernden.

Also reist Gabi, begleitet von Vox und RTL nach Negril oder Diani Beach und glaubt, ihr Verehrer liebt die Katze, nicht das Kätzchen. Der Rest ist Geschichte und endet nach ein paar belastenden Wochen in der Zweizimmerwohnung in Krefeld, die doch hätte ein gemütliches Nest werden sollen. Mit den dekorativen Wandtattoos mit Worten von Ewigkeitswert über die Liebe. Schade. Les jeux sont faits.

Zurück zum werblichen Post: was glaubt der Anbieter damit zu bezwecken, außer seine aufgesetzte Rechtschaffenheit und inszenierte Integrität zu exponieren? Die Toleranztüncherei der Agenturen ist peinlich und tut den Auftraggebern keinen Gefallen: es gibt in dieser Sache kein Ablass-Budget und ein anderer wird‘s schon richten. Blödes Blackwashing ohne Sinn und Verstand. Ehrliche Toleranz will gelebt sein und lässt sich nicht über stereotype Bildchen aus den Stockarchiven simulieren, die uns vorgaukeln, Castrop-Rauxel sei ja doch irgendwie Manhattan.

Los, rührt Euch.

202302Bruno SchulzComment