von Integration.

Meine Familie stammt aus Italien. Das ist meinen Leuten wichtig, auch wenn wir inzwischen in der vierten Generation in Rheinmain leben. Mein Großvater kam in den späten Fünfzigern aus dem Mezzogiorno und hat für mehr als dreissig Jahre tagein, tagaus am Band geschuftet. Meine Eltern haben ein kleines Restaurant im Frankfurter Osten eröffnet und einen Alimentari. Meine Mutter kochte, mein Vater und mein Onkel machten den Service. Wir Kinder, meine Schwester und ich, konnten Abitur machen, haben studiert. Meine Schwester ist inzwischen selbst Mutter und mit einem Deutschen verheiratet. Man könnte also sagen, unsere Integration ist eine Erfolgsgeschichte.

Erst gestern hat mich wieder jemand gefragt, woher ich käme. Aus Frankfurt, antwortete ich wahrheitsgemäß. „Aber …“ „Ja, ich weiß, ich sehe aus wie ein Italiener. Und meine Familie kommt tatsächlich aus Italien, allerdings vor mehr als sechzig Jahren. Schon meine Eltern sind hier geboren, so wie ich selbst auch.“ „Entschuldige bitte die Frage, das war doof.“ „Kein Problem, meine Leute sind ja stolz auf ihre Wurzeln in Apulien.“ „Sprichst du Italienisch?“ „Nein, ich habe versucht es zu lernen, aber ich habe da echt kein Talent.“ „Schade.“ „Ich hatte es in der Schule als Wahlpflichtfach belegt, bekam aber eine 5.“ „… und dann hast du es wieder abgewählt?“ „Nein, dann habe ich meinen Lehrer nach der Schule abgepasst und ihm gesagt, er solle mir eine 2 geben.“ „Warum sollte er das tun?“ „Nun, wir wollten beide nicht, dass seiner Familie etwas passiert.“

Text: Bruno Schulz

Foto: Artem Budaiev @ unsplash

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