Es ist kompliziert.

Jeder Mensch entwickelt individuelle innere Modelle von sich und der Welt und dem Verhältnis beider. Stark verkürzt, entstehen diese Modelle in der persönlichen Interpretation von Erziehung, von Erfahrungen, Bildung, kulturellem Kontext und unter Weiterem auch in der genetischen Disposition.

Mal komplexer und auch mal etwas schlichter, bestimmen diese individuellen Modelle die subjektive Wahrnehmung, das Erleben, das Handeln und finden auch in der Körpersprache ihren Ausdruck.

Immer dann, wenn Menschen miteinander kommunizieren, stoßen ihre Modelle aufeinander, manche fügen sich harmonisch, andere kollidieren drastisch. In jedem Fall wird versucht, die Gedanken und Intentionen des Gegenübers zu dechiffrieren in einer Rekonstruktion des fremden Modells und der Fremdwahrnehmung nach eigenen Maßstäben und Gewohnheiten, nach Fähigkeiten, Bildung und dem privaten Wertesystem, nach intellektuellen Möglichkeiten, empathischer Begabung und vielen anderen Faktoren: wir nehmen wahr, was wir können, aber immer auch das, was wir wollen.

Klingt kompliziert? Ist es auch. Im echten Leben wird noch die Körpersprache miteinbezogen, Körperhaltung, Gestik, Mimik, die Wirkung auf andere und noch einiges mehr. Wenn möglichst viele der Signalebenen übereinstimmen, spricht man von ’Kongruenz’. Die überzeugt.

Gut zu wissen, denn auch die eigene Wirkung auf das Gegenüber ist kommunikationsentscheidend. Je genauer wir die fremden wie die eigenen Gedanken und Gefühle wahrnehmen, deuten und synchronisieren können, desto unmissverständlicher wird die Kommunikation. Stichwort: ’Wahrnehmungsfähigkeit’. Es geht also um den präziseren Abgleich von Selbst- und Fremdwahrnehmung. Das ist leider nicht allen gegeben.

In den sozialen Medien entfallen einige wichtige Signalebenen. Dazu kommen noch diverse, auch selbst gesetzte Filter, Reflexe, Verhaltensschleifen und die Unart, eigene Verhaltensdeformationen auf andere zu projizieren.

Nein, ich reibe mich nicht ständig an Themen ab, nur weil ich hier und da darüber schreibe, möglicherweise reflektiere ich sie auf diese Weise und finde über das intelligentere Feedback in den Threads zu besseren und genaueren Erkenntnissen.

Und nein, ich habe auch kein Problem, nur weil ich Dinge bezeichne, die meinem Gegenüber in Ermangelung der erforderlichen Auffassungsgabe oder einer getrübten bis gestörten Selbstwahrnehmung nicht auffallen wollen oder können, das darum den Wechsel von der Sachebene auf eine persönliche Ebene bis in die Diffamierung sucht und daran inhaltlich scheitern muss.

Schade? Naja, so geht es eben nicht.

motiv: kyle glenn @ unsplash

Bruno SchulzComment