Lieber Uli Ohl,

Lieber Uli,

ich habe mich sehr gefreut über deinen Kommentar, den ich sehr gerne gelesen habe und zu dem ich dir eine ebenso wertschätzende Replik retournieren mag. Du unterstellst mir, dass ich mich in der Welt der Weine, Gewürze und Düfte gut auskenne. Das möchte ich so nicht stehen lassen. Ich kann allenfalls mit Sicherheit behaupten, dass mich dieses weite Feld interessiert und begeistert, wie kaum ein anderes. Ebenso sicher bin ich mir allerdings, dass ich mich mit jedem weiteren Schritt auf dieser Reise zunehmend in der Gewissheit bestärkt verstehe, eigentlich gar nichts zu wissen: „scio nescio“.

Vielleicht fällt es mr mit der Zeit leichter, die Dinge einzuordnen, manches zu vergleichen oder eben nicht, Verbindungen und Verhältnisse zu erkennen, um daraus möglicherweise ein um so größeres Staunen zu produzieren, wenn eins zum anderen kommt und das unerwartet.

Klar ist jedenfalls, dass ich mich immer mehr in den einfachen, ’ehrlichen’ und authentischen, puren Dingen wiederfinde und nur zu gerne auf den aufgesetzten Hokuspokus, des selbstverliebten globalen Gastrozirkus verzichte.

Ob mir Wunder passieren? Aber ja, ständig, ganz unbedingt. Man muss Wunder halt auch wollen und zulassen. Erst kürzlich war ich nach zwanzig endlos langen Jahren mal wieder für zweiundsiebzig Stunden in Neapel, eine ganz wunderbare Stadt. Ja, auch da gibt es McDonalds, aber nur für die chinesischen und amerikanischen Touristen; Einheimische kämen niemals auf die Idee, sich mit dem Monatgeschaum zu vergiften. Zu Neapel assoziiere ich augenblicklich die Geschichte vom Verhältnis Boliviens zu McDonalds, aber die erzähle ich ein andermal.

Ich logierte also mitten in der Aktstadt und speiste mit ein paar einheimischen Kollegen direkt um die Ecke in den Quartieri Spagnoli in einem sehr einfachen, rustikalen Lokal. Eine Mischung aus Imbiss, Lottobude, Kiosk, Bingohalle und Restaurant. Aufmerksam auf diesen Hort des kleinen Glücks wurden wir durch einen scheuen Fensterblick auf die Teller im vollbesetzten Chaos. Das sah großartig aus. Also rein. Die Leute sprachen wüsten Dialekt und der Dialog gelang nur mit Händen und Füßen. Man setzte uns einfach mit an einen Tisch und es gab: Pizza. Aber was für eine. Aus dem Steinofen. Burrata, Sardellen, Oliven … auweia. Wenn ich nur an den Teig denke, läuft mir schon wieder das Wasser sturzbachartig aus dem Maul. Eigentlich ganz einfach und doch so besonders. Habe ich eine solche Pizza schon einmal nördlich der Alpen gegessen? Ich glaube nicht einmal nördlich von Caserta. So ist das also mit den Wundern.

Dir eine gute Zeit und allzeit viel Genuss.

Bruno SchulzComment